Mein Stillmarathon nach der Geburt

Als ich in der 80er Jahren geboren wurde war Stillen eher out. Die Babys wurden direkt mit einem Fläschchen versorgt, damit sich die Mutter ausruhen konnte von der anstrengenden Geburt. Meine Mutter bekam mich erst nach 2 Tagen zu Gesicht und war dann ganz überrascht, dass ich die Brust nicht wollte. Viel Milch hatte sie auch nicht… Das wundert mich nicht, denn wenn niemand saugt, wird auch keine Milch produziert.

Stillmarathon
Foto von Jordan Whitt auf Unsplash

Heute ist es umgekehrt: Stillen ist quasi ein Muss und Mütter, bei denen das Stillen nicht funktioniert oder die es schlichtweg nicht wollen, müssen so Einiges an Blicken und Kommentaren über sich ergehen lassen. Ich hatte mir zwar vorgenommen zu Stillen, falls es jedoch durch Schmerzen unerträglich sein sollte wollte ich auf Flaschennahrung umstellen. In der Schwangerschaft las ich also ein Buch über das Stillen, fragt mich nicht mehr nach dem Titel, jedenfalls hat es mir bei unserem Stillmarathon sehr geholfen:

1. Die Brustwarze beim ersten Anlegen flach zusammendrücken, damit das Baby so viel wie möglich von der Brustwarze im Mund hat.

2. Das Kinn des Babys bei Schmerzen leicht nach unten ziehen, aus dem gleichen Grund wie Punkt 1.

3. Brustwarzen so oft wie möglich mit Wollfett eincremen, auch wenn zwischen dem Stillen nur 5 Minuten liegen.

4. Beim ersten Anlegen direkt nach der Geburt einen Tropfen Kolostrum (das ist die erste Vormilch) herausdrücken und die Lippen des Babys damit benetzen, so kommt es auf den Geschmack.

Direkt nach der Geburt

Paula lag nun also endlich auf meinem Bauch und nach ca. 10 Minuten Begrüßung und 20 Minuten auf Papas Brust wollte ich es zum ersten Mal versuchen. Der Saugreflex war bei meiner Tochter gleich sehr stark und nach 30 Minuten Brustwarze anbieten, Lippen benetzen und mehreren Seitenwechseln hatten wir es geschafft: sie hatte angedockt. Die ersten Versuche waren bei uns seitlich im Liegen, eine auch für die Mama sehr bequeme Position, die ich nur empfehlen kann.

Stillmarathon
Zeit zum Essen!

Ab ca. 0 Uhr musste ich ca. alle 5-10 Minuten die Seite wechseln, ich hob Paula auf meinen Bauch und rollte sie vorsichtig auf die andere Seite, bis wir irgendwann einschliefen. In meinem Stillbuch hatte ich auch gelesen, dass die meisten Babys am Anfang ständig gestillt werden wollen, über viele Stunden an der Brust hängen und besonders Abends Dauerstillen angesagt ist. Dies glaubte ich jedoch nicht und war mir sicher, das mein Baby mir auch mal eine Pause gönnen würde. Heute kann ich nur darüber lachen, wie naiv ich doch war.

Beim Stillen bestimmt die Nachfrage das Angebot, und Paula hatte Hunger! Sie war schon bei der Geburt sehr stark und wurde auch nach Stunden nicht müde. Ich kann mich nichtmal an ein Gefühl von Milcheinschuss mit prallen Brüsten erinnern, da sie ständig trank und die Brüste nie richtig voll waren. Auch wenn sich meine Geschichte gradezu perfekt anhören mag war auch für mich nicht alles eitel Sonnenschein.

Schmerzen beim Stillen und Clusterfeeding

Die ersten 3-4 Wochen tat es doch ziemlich weh, dazu kam, dass Paula über Tag und Nacht insgesamt ungefähr 8-10 Stunden an meiner Brust hing. Zwischenzeitlich hatte ich mir notiert, wie oft ich sie stillte, ca. 12 mal pro Tag. In dieser Zeit hätte ich einige Male am liebsten aufgegeben, besonders Abends. Die Schmerzen waren jedoch bei mir nie wirklich schlimm, ich hatte keine Risse wie viele andere. Nach ca. 4 Wochen ging das Stillen etwas schneller und die Schmerzen wurden weniger, bis es irgendwann ganz schmerzfrei wurde.

Paula nahm entsprechend zu, bereits nach 4 Tagen hatte sie ihr Geburtsgewicht von 3500g überschritten und nach einem Monat wog sie bereits 4.900g…. inzwischen sind wir bei 7,3kg nach 13 Wochen und ich bin fast wieder bei meinem Vorschwangerschaftsgewicht, obwohl ich 16kg zugenommen hatte, aber darüber berichte ich ein anderes Mal.

Endlich angekommen

Inzwischen überwiegen die schönen Momente eindeutig, auch wenn ich mir manchmal wünschen würde, dass mein Partner Paula ins Bett bringen könnte… Einschlafen funktioniert nämlich nur mit der Brust im Mund und oft schlafe ich dann schon um 21h mit ein. Den Schnuller akzeptiert meine kleine Maus nur selten und halb Barcelona hat schon meine Brust gesehen, aber dafür liebe ich dieses niedliche Geräusch, wenn die Kleine andockt und sich ihre Gesichtszüge entspannen. Außerdem ist es unheimlich praktisch, so schnell reagieren zu können, sobald sich die Hungerzeichen bemerkbar machen. Paula weinte am Anfang öfter und da hat die Brust oft geholfen. Jetzt ist Nachts „Open bar“, die Brust ist nackt und sie kann andocken, wann sie möchte. Im Moment ist noch ein bisschen Hilfe nötig, aber mein Schlaf wird kaum beeinträchtigt. Und Schlaf, wie ihr ja wisst, ist sehr sehr wertvoll.

Nicht zu Stillen ist auch ok

Ich bin sehr dankbar, dass es mit dem Stillen alles so gut lief. Dies ist nicht selbstverständlich und ich finde es schade, wie viele Frauen sich selbst mit dem Thema unter Druck setzen und wie viel Druck auch von außen aufgebaut wird. Schon im Krankenhaus wurde ich von den Hebammen ständig bequatscht, es wurde gefragt wie es denn ginge und wer Zweifel äußerte wurde gleich belehrt, wie wichtig und gut das Stillen doch sei. Das mag ja auch sein, wichtiger finde ich jedoch das Wohlergehen der Mutter, wenn diese nur leidet hat es doch keinen Sinn. Eine Freundin von mir konnte nicht Stillen, da sie wegen einer schlimmen Krankheit gleich nach der Geburt starke Medikamente nehmen musste. Natürlich wollte sie nicht jedem ihre ganze Geschichte erzählen und musste sich einige böse Kommentare anhören.

Ich würde mir mehr Toleranz wünschen, unter Müttern, von Hebammen und Ärzten. Muttersein ist viel mehr als nur Stillen!

Wie ging es Euch die ersten Tage nach der Geburt mit dem Thema? Und wann habt ihr abgestillt? Ich freue mich auf eure Kommentare.

1 Kommentar zu „Mein Stillmarathon nach der Geburt“

  1. Pingback: Wie ich zur Dauerstillerin wurde - Barcelona mit Kind

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen